1. |
Nie wieder!
02:13
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Beim ersten Schritt in die Freiheit hab ich – nicht alleine, mit den anderen - einen Schwur geleistet: Dass wir alles daransetzen wollen, dass so etwas nie wieder kommt, dass man Menschen verfolgt, weil sie anders denken, weil sie andere Farbe haben, eine andere Religion, weil sie gegen die Gewalt sind, weil sie ganz einfach sie selbst sein und nach ihren eigenen Regeln leben wollen. Niemals vergessen, niemals diese Zeit vergessen! Die Menschen sollen das als Mahnung aufnehmen, was geschieht, wenn Freiheit und Demokratie zerschlagen werden und die Gewalt Oberhand bekommt und siegt.
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2. |
Rebellen des Morgen
03:22
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Bissig bellt allum die Flak.
Blitzt. Und übersprüht den Himmel
mit dem bösen Feuerwerke
platzender Granatenreigen.
Bleiche Totenfinger tasten
suchend Lichter durch die Räume.
Bomben bersten. Mauern beben.
Scheiben zittern vom Erschüttern.
Über allem aber ziehen,
gleich und ungerührt die Sterne.
Vergeh ich also ohne Spur?
Ihr seid das Heute!
Heute wird gestern.
Wir sind das Morgen!
Morgen wird heute!
Die Zeit bleibt nicht stehen.
Das Leben geht weiter.
Ein bitteres Wort
für den, der gefangen ist.
Ihr seid das Heute!
Heute wird gestern.
Wir sind das Morgen!
Morgen wird heute!
Die Zeit bleibt nicht stehen.
Das Leben geht weiter.
Ich will es verstehen,
als lächelnder Deuter.
Hier ist alles Sterben: Stäbe
und Stäbe, wieder Stäbe sind
vor all den lieben hellen Dingen.
Und nichts zur kargsten Freude! Nichts!
Die Stunde findet mich bereit.
Kein Schritt, der etwa mich gereut!
Ich weiß, mein Ringen und mein Leid
sind Saatkorn einer neuen Zeit.
Ihr seid das Heute!
Heute wird gestern.
Wir sind das Morgen!
Morgen wird heute!
Die Zeit bleibt nicht stehen.
Das Leben geht weiter.
Ein bitteres Wort
für den, der gefangen ist.
Ihr seid das Heute!
Heute wird gestern.
Wir sind das Morgen!
Morgen wird heute!
Die Zeit bleibt nicht stehen.
Das Leben geht weiter.
Ich will es verstehen,
als lächelnder Deuter.
Ihr seid das Heute!
Heute wird gestern.
Wir sind das Morgen!
Morgen wird heute!
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3. |
Die Toten vom Februar
03:24
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Den Erschossenen hilft keine Amnestie,
den Toten gibt keiner das Leben.
Wer zum letzten Mal unterm Galgen schrie,
der wird nie mehr sein Haupt erheben.
Doch es gehen unter uns und im ganzen Land
umher die toten Genossen.
Die gestorben sind von des Henkers Hand.
Die der Klassenfeind erschossen.
Sie sind unter uns, wenn wir werken und ruhn,
und sie hören Aufruhr und Klage.
Sie messen und wägen genau, was wir tun
und sie prüfen die Tat unserer Tage.
An den Stempelstellen in Werk und Fabrik,
stehn sie stumm, doch dem Leben verbunden,
um den Hals hängt ihnen des Henkers Strick
und sie zeigen die blutenden Wunden.
Sie zählen die Herrn in Kaserne und Amt
und die in den Ballsälen prahlen,
sie stehen stumm, doch vom Hasse umflammt
und nicken: „Ihr werdet bezahlen!“
Sie leben im illegalen Wort,
im Dunkel der Gruppen von Zellen.
Ihr Geist ist nicht in den Gräbern verdorrt,
er brennt, uns die Nacht zu erhellen.
In seinem Licht steht die freche Gewalt,
die es gilt für immer zu brechen.
Die Stimme der Toten wird klirrend und kalt
ihr Urteil den heutigen sprechen.
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4. |
Schlurf
03:22
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Polizei, Kibarei,
Gebet euer Leben auf!
Denn sonst habt ihr dann und wann
Im Rücken einen langen Mann
Denn sonst habt ihr dann und wann
Im Rücken einen langen Mann
Wir werden unsere Messer schwingen
Und Saint Louis Blues wird erklingen
BDM und HJ,
gebt auf euer Leben acht,
denn der Schlurf vom zweiten Kaff
Der ist wieder aufgewacht
Habt ihr es vernommen?
der Schlurfkampf hat begonnen,
Wir werden drohend unser Messer schwingen
Und Saint Louis Blues wird überall erklingen
Vielleicht kennst du die Schlurfs. Nur weisst du, wieso der Schlurf entstanden ist? Sie waren gegen Zwang. Die wollten sich einfach nicht dirigieren lassen!
Es geht alles vorüber,
es geht alles vorbei
Zuerst geht der Hitler
und dann die Partei
Es geht alles vorüber,
die HJ wird vergehn,
aber der Schlurf,
der wird immer bestehn!
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5. |
Combat
03:36
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Herbert Traube: Man muss bedenken, es handelte sich damals um die Jahreszeit Anfang 1941 bis 1942. Flugblätter verteilen. Ja, das war auch gefährlich. Da ist immer einer Wache gestanden und der andere ist ins Haus rein, hat das in die Briefkästen geschmissen. Einer ist draußen gestanden und wenn er zu pfeifen angefangen hat, hat es geheißen: Jetzt schnell wieder weg! Das war die erste Tätigkeit.
Dann später haben wir nicht nur Flugblätter, sondern kleine Zeitschriften bekommen: „Combat“, das heißt Kampf. Das war eine von den ganz ersten Zeitschriften von den Widerstandsbewegungen.
Dann haben wir etwas anderes unternommen, mit einem Kollegen. Da sind wir in der Nacht herumgeschlichen und haben an öffentlichen Gebäuden mit schwarzer Farbe den Buchstaben „V“ für Victoire angestrichen. Aber da hat man schnell laufen können müssen, weil wenn da irgendwo ein Schatten in der Weite war… schnell, schnell, schnell verschwinden! Ich konnte gut laufen und mein Freund auch. Ich war so unbesorgt, wir waren ja damals junge Leute. Ich wollte nur wirklich etwas tun gegen diese Macht, die uns unterdrückt. Das ist die Aufgabe eines jeden. Jeder Mensch, der normal denkt, muss gegen das kämpfen.
Dann hat man mich geschnappt. Stacheldraht. Ich muss da raus. Ich muss da raus, sofort! Hab ich versucht… raus. Ist mir nicht gelungen bis dann die Abtransporte waren. Das waren die Viehwaggons, da hat man uns eingepfercht, Türe zu und drinnen im Waggon nur eine kleine Öffnung. Der Zug fährt los. Ich bin neben der Öffnung gestanden, hab Luft geschnappt, es war schon ziemlich heiß. Ich hab rausgeschaut und dann ist mir eingefallen, ich steck den Kopf zwischen den zwei parallelen Stäben da durch. Draußen rausgeschaut, Luft geschnappt – und da hat einer hinter mir gesagt: „Weißt du, wenn der Kopf durchgeht, dann geht der Körper durch“. Da hab ich nicht nachgedacht, nicht! Hab den Balken erwischt, die Füße voran, den Körper durchgedrängt, man hat mich gestoßen, den Kopf durchgewackelt und bin draußen gehängt. Und was mach ich jetzt? Jetzt musst du runterspringen! Da sind die Telegrafenpfosten vorbeigerollt, der Zug ist ziemlich schnell gefahren. Dann hab ich mich gegen die Waggonwand gestemmt, hab gewartet – eins, zwei, drei… bin ich weg, bin etwas gerollt in den Graben und war draußen. Dann hab ich mich abgetastet: Nichts gebrochen. Ein paar Kratzer hab ich gehabt. Und der Zug ist vorbeigerollt. Wie er weg war, bin ich davongerannt.
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6. |
Staub von Städten
04:15
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Staub von Städten ist mir noch geblieben
von den vielen Straßen, von den Träumen.
In den Augen brennt der Staub und auf den Lippen
blieb ein Nachgeschmack mir vom Versäumen.
Wo die Sterne fielen und zerstoben,
wo der Mond die blaue Achse zog,
flimmert Staub, zieht in Wolken oben,
fällt und deckt, was abbrach und betrog.
Staub von Städten ist mir noch geblieben
von den vielen Straßen, von den Träumen.
In den Augen brennt der Staub und auf den Lippen
blieb ein Nachgeschmack mir vom Versäumen.
Lange war der Weg und manchmal bitter,
langsam blieb der letzte Freund zurück;
dunkel oft, und manchmal ein Gewitter
und ein kurzes Regenbogenglück.
Staub von Städten ist mir noch geblieben;
Sternenstaub – die Poesie der Straßen,
kurze Pausen, hastig fortgetrieben
ist ein Netz von langen Jahren.
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7. |
Was man Leben nannte
03:15
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Das, was man Leben nannte,
ob neue, doch alt bekannte
Wege es waren, die wir gingen,
das ewige Werden, Klingen und Singen,
der ewige Wille, der in uns lebte,
der Kampf, in dem unsere Seele bebte,
das alles war irgendwann, irgendwo zuvor,
das alles blieb vor dem eisernen Tor.
Was uns jetzt blieb, sind helle Träume,
die sehend noch greifen blühende Bäume,
sie gehen noch ihren eigenen Weg
und übersehen den zu schmalen Steg,
wo Menschen nackt ohne Masken gehen,
zitternd und bettelnd ums eigene Leben,
wo wogend sich schleppt die düstere Masse,
die Menschheit verzerrt zu einer Grimasse.
Was wir noch wollen, ist wenig, doch viel,
nichts aufzugeben als nutzloses Spiel,
nicht müde werden vom ewigen Toben,
einmal noch Menschen als Menschen loben,
sich selbst nicht verlieren im dumpfen Brüten,
woran wir glauben, für das Leben behüten,
das Leben, das siegt trotz Tod und Trauer
unser wartet jenseits der grauen Mauer!
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8. |
6434
02:40
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Gestern – ach, wann war das Gestern?
Ist’s ein Monat? Sind es zwei?
Oder sind es gar schon Jahre?
Gestern – wann? – Ach, einerlei!
Gestern trug ich lange Haare,
heute ist mein Schädel kahl,
gestern trug ich einen Namen,
heute trag ich eine Zahl.
Vierundsechzigvierunddreißig
Und ein Winkel blutigrot
Eine Nummer unter Nummern,
namenlos, lebendig tot.
Für die Peiniger verblutend,
schuftend ständig unterm Stock,
schwankt die Nummer ihre Tage
zwischen Bunker, Tod und Bock.
Bis dann schließlich eines Tages
Einer von den Quälern kommt,
um die Nummer auszulöschen,
weil sie zu nichts weiterm frommt.
Vierundsechzigvierunddreißig –
Heute bin ich eine Zahl,
morgen nur ein Häufchen Asche –
Eine Nummer war einmal.
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9. |
Junge Partisanin
04:26
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Man gab ihr einen Spaten, um zu graben.
Sie grub und grub und wußte schon wozu.
Sie weinte nicht. Sie schaute starr nach Osten
Und schaufelte in unfaßbarer Ruh‘.
Dann fing sie leise an ein Lied zu singen.
Das Lied war lang und bang und monoton.
Die Grube wurde mählich breiter, tiefer,
Und schmerzbewegter im Gesang der Ton.
Sie legte singend ihren Spaten nieder
Und starrte in die Landschaft tief hinein.
Ein Knall, ein Fall – und grauenhafte Stille
Trat nach dem jäh zerriß’nen Liede ein.
Die Leiche wurde schweigend zugeschüttet.
Soldaten gingen finster in ihr Zelt
Die Landschaft aber sang in langen Nächten
Das Partisanenlied vom Kampf der Welt.
In meinen Gedanken ist Widerstand.
In meinem Herzen ist Widerstand.
In meinen Gliedern ist Widerstand.
Mein Leben ist Widerstand.
Selbst mein Tod ist Widerstand.
Habt ihr schon nachgedacht warum?
Nein, das habt ihr noch nicht getan,
weil ihr ansonsten wüsstet,
dass ich unter euch bin.
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10. |
Dennoch will ich
03:44
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Dennoch will ich Lieder singen,
immer wieder, immer wieder,
Brecht ihr ihnen auch die Schwingen,
immer wieder sollen sie klingen
meine, meine Freiheitslieder.
Sing‘ – in Haft begraben – leiser,
hören nur die eignen Ohren,
hören, dass die Worte heiser.
Dennoch hab ich mir als Weiser
noch einmal ein Lied geboren.
Mögen alle ähnlich tönen,
dienen ja dem gleichen Ziele.
Sollen eure Macht verhöhnen,
auch im Knirschen, auch im Stöhnen.
Nie sang ich aus Lust am Spiele.
Nennt ihr einst mein Singen Kreischen,
soll’s mich mehr als andres freuen.
Wollt‘ nie von euch Beifall heischen.
Eins nur wird mich bitter reuen:
daß ich nicht kann lauter schreien.
Dennoch will ich Lieder singen,
immer wieder, immer wieder,
Brecht ihr ihnen auch die Schwingen,
immer wieder sollen sie klingen
meine, meine Freiheitslieder.
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11. |
Vergessen
05:41
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Dies ist das Schrecklichste an allem Leiden,
dass du aus seiner Flut tauchst – und vergisst.
Und dass du weiterlebst dein kleines Leben
Und nicht mehr traurig, nur noch müde bist.
Und dass die Segnungen der großen Schmerzen
Im trägen Fluss des Alltags untergehn,
und über deines Tags Geschäftigkeiten
wie Sterne eines fremden Schicksals stehn.
Doch manchmal spürst du selbst, dass deine Freude
Und deine Trauer ohne Tiefe ist.
Und dass an allem Leiden dies das Schwerste,
dass du erwachst – und lächelst – und vergisst.
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Laut Fragen Vienna, Austria
Laut Fragen move in the field of tension between post-punk, experimental electronic noise and pop - socially critical, conjuring up an utopia, with the fury of punk as a promise. The sound reflects all the facets of an ongoing confrontation with itself and the world. ... more
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